Ingwer und Kurkuma
Kurkuma, das Gold der ayurvedischen Medizin, hat sich in den vergangenen Jahren von einem einfachen Gewürz zu dem Superfood schlechthin entwickelt. Ob im Essen, als goldenen Milch, oder in Kapselform, Kurkuma ist in aller Munde. Zurückzuführen ist dieses enorme Interesse vor allem auf die jüngsten Erkenntnisse zum wohl wichtigsten Inhaltsstoff der Kurkuma-Wurzel, dem Curcumin. Dieser leuchtend-gelbe Farbstoff verleiht der Wurzel ihr charakteristisches Aussehen und macht etwa drei bis fünf Prozent des Gewichts aus. Im Allgemeinen wird dabei der Begriff „Curcumin“ synonym für die sogenannten „Curcuminoide“ genutzt, die auch noch die beiden Verbindungen Demethoxy-Curcumin und Bisdemethoxycurcumin umfassen.
Diese Curcuminoide wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten in tausenden Studien im Hinblick auf ihr gesundheitliches Potential untersucht. Allein in der internationalen Studien-Datenbank PubMed finden sich unter dem Suchwort Curcumin mittlerweile über 12.000 Publikationen. Diese befassen sich zwar nicht alle ausschließlich mit Curcumin, und erzielen auch nicht durchweg positive Ergebnisse. Jedoch zeigt allein die Zahl der Ergebnisse, wie groß das wissenschaftliche Interesse ist.
Während Kurkuma also gefühlt seinen Siegeszug vom Gewürz zum alternativen Medikament fortsetzt, verschwindet ein naher Verwandter der Wurzel scheinbar zunehmend in der Versenkung: Der Ingwer. Dabei wurde Ingwer sogar zur Heilpflanze 2018 gewählt. Beide Wurzeln sind nah miteinander verwandt, was sich bereits in ihrem Äußeren zeigt. Sie gehören beide zur botanischen Familie der Ingwergewächse und werden seit Jahrhunderten in der ayurvedischen und traditionellen chinesischen Medizin eingesetzt. Trotzdem erscheint Ingwer lediglich als Hausmittel bei Übelkeit und Erkältung, während Kurkuma gefühlt bei allen Erkrankungen der westlichen Welt Anwendung findet. Ist Kurkuma also wirklich so viel wirksamer als Ingwer, oder hat die goldene Wurzel nur lediglich mehr Aufmerksamkeit erfahren, als ihr unscheinbarer Verwandter?
Ingwer 10mal stärker als Kurkuma und 10.000mal stärker als Chemo?
Eine Studie aus dem Jahr 2015 schaffte es in jüngster Vergangenheit, Ingwer etwas mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.1 Schlagzeilen machten die Runde, denen zu Folge Ingwer 10.000mal stärker als Chemotherapien und 10mal stärker als Curcuma sein solle. Bei objektiver Betrachtung wird dann zwar schnell klar, dass es sich bei diesen Aussagen um starke Vereinfachungen der Studienergebnisse handelt, jedoch macht diese Publikation deutlich, wie sehr Ingwer in den letzten Jahren unterschätzt wurde.
Bei der Studie handelt es sich zunächst einmal um eine In-vitro-Untersuchung an Brustkrebszellen. Die Wirkung wurde also in einer Petri-Schale an isolierten Zellen beobachtet, und kann demnach nicht so einfach auf den lebenden Menschen übertragen werden. Darüber hinaus wurden hier auch nicht einfach Ingwer und Curcuma eingesetzt, sondern Curcumin und das sogenannte 6-Shogaol, ein Wirkstoff aus getrocknetem Ingwer. Trotzdem sind die Ergebnisse interessant genug, um sich einmal genauer mit ihnen auseinander zu setzen.
In der Studie lagen die Krebszellen in zwei Formen vor, einmal als sogenannte Monolayer-Zellen, sprich einfach eine Schicht aus Zellen, und einmal als sogenanntes Spheroid, eine dreidimensionale Anordnung von Zellen, die einem echten Tumor im Körper ähnlicher ist. Dabei wurden mehrere Aspekte der krebshemmenden Wirkung von 6-Shogaol bei Brustkrebszellen untersucht. Zum einen wurde die sogenannte Cytotoxizität untersucht, sprich in welcher Konzentration 6-Shogaol die Krebszellen absterben lässt. Zum anderen wurde untersucht, durch welchen Mechanismus 6-Shogaol die Zellen tötet, wie es auf die Replikation der Zellen wirkt, ob es einen bestimmten Signalweg beeinflusst und ob es sogenannte Krebsstammzellen bekämpft. Vor allem der letzte Aspekt ist von großem medizinischen Interesse.
Ein Tumor ist eine Ansammlung von vielen Krebszellen, die letztlich aus mutierten körpereigenen Zellen entstanden sind. Unter diesen „normalen“ Krebszellen gibt es nun einen sehr kleinen Anteil sogenannter Krebsstammzellen. Diese Zellen können sich selbst erneuern, differenzieren sich fortlaufend und sind vor allem gegen zahlreiche Chemotherapeutika resistent. Dadurch sind sie wahrscheinlich verantwortlich für das Widerauftreten von Krebs nach erfolgter Therapie, da die Chemo oft nur die normalen Krebszellen abtötet und die Krebsstammzellen am Leben lässt.2
Beginnen wir mit der Cytotoxizität. Hierzu wurden Brustkrebszellen und gesunde Zellen mit verschiedenen Konzentrationen von 6-Shogaol, Curcumin und dem Chemotherapeutikum Taxol behandelt. Anschließend wurde gemessen, ab welcher Konzentration die Hälfte der Zellen abgetötet war.
Zunächst zeigten alle drei Substanzen dabei eine gewisse cytotoxische Wirkung. 6-Shogaol und Curcumin konnten sowohl die Monolayer-, als auch die Spheroid-Zellen abtöten, Taxol hingegen scheiterte an letzteren. Die Versuchsleiter resümierten daraufhin, dass Taxol sogar in 10.000mal höherer Konzentration als 6-Shogaol keine Wirkung gegen die Spheroid-Zellen zeigte. Diese Erkenntnis führte dann wohl auch zu besagter Aussage, Ingwer sei 10.000mal stärker als eine Chemo – ein stark vereinfachtes Fazit, dass jedoch auf vielversprechenden Fakten basiert.
Wirklich interessant wird es jedoch, wenn man 6-Shogaol und Curcumin vergleicht. Wie bereits erwähnt, zeigten diese eine ähnliche Wirkung gegen die Krebszellen. Jedoch unterschieden sie sich deutlich bei ihrer Wirkung auf die parallel getesteten gesunden Zellen. So brauchte man eine bis zu 10mal höhere Konzentration von 6-Shogaol, um auch die gesunden Zellen zu töten. Das bedeutet im Klartext: 6-Shogaol kann Brustkrebszellen in einer Konzentration töten, die gesunden Zellen nicht schadet, während bei Curcumin ein gewisses Risiko besteht, auch Nicht-Krebszellen zu erwischen. Diese Erkenntnis im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Konzentration bedingte dann die Aussage, Ingwer sei 10mal stärker als Curcuma.
6-Shogaol (IC50) | Taxol (IC50) | Curcumin (IC50) | |
Brustkrebs-Monolayer-Zellen | 7,95µM | 4,92µM | 37,14µM |
Brustkrebs-Spheroid-Zellen | 39,52µM | >50µM | 7,27µM |
Gesunde Zellen 1 (Haut) | 103,84µM | 42,67µM | 10,4µM |
Gesunde Zellen 2 (Niere) | 69,97µM | 103,79µM | 23,06µM |
Die Tabelle vergleicht die Konzentrationen, bei denen 6-Shogaol, Taxol und Curcumin jeweils 50% der Zellen in der jeweiligen Zellkultur abgetötet haben (IC50). Dabei wurden eine Monolayer-Krebszell-Kultur, eine dreidimensionale Spheroid-Krebszell-Kultur und zwei Kulturen mit gesunden menschlichen Zellen behandelt. Man kann sehen, dass Taxol nur in extrem hohen Konzentrationen die Spheroid-Zellen abtöten konnte, während 6-Shogaol und Curcumin dies bereits in geringer Konzentration schaffen. Jedoch tötet Curcumin in der entsprechenden Konzentration auch bereits gesunde Zellen, während 6-Shogaol dazu deutlich höhere Konzentrationen benötigt. Das könnte 6-Shogaol zur sicheren Therapiealternative machen.
Außerdem konnte festgestellt werden, dass 6-Shogaol die Krebszellen nicht durch Apoptose tötet, den sogenannten programmierten Zelltod, sondern durch Autophagie. Bei diesem Prozess „verdaut“ eine Zelle unbrauchbare Strukturen und nutzt sie zur Energiegewinnung. Dieser Vorgang kann dem Körper helfen „Abfälle“ zu entsorgen und dadurch degenerativen Erkrankungen vorbeugen, oder eben auch Zellen abtöten.3
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis aus der Studie, ist jedoch die Wirkung von 6-Shogaol auf die zuvor erwähnten Krebsstammzellen. Die Forscher ermittelten den Anteil der Krebsstammzellen an den Gesamttumorzellen und kamen zu dem Ergebnis, dass von den ohnehin schon dezimierten Krebszellen der 6-Shogaol-Gruppe nur noch 2,3% Stammzell-Charakter hatten, während es in der unbehandelten Kontrollgruppe 27,3% waren! Dadurch konnte gezeigt werden, dass 6-Shogaol nicht nur eine höhere cytotoxische Wirkung, bei zugleich geringerer Schädigung gesunder Zellen hat, sondern dass es auch noch im Gegensatz zu vielen Chemotherapeutika die Krebsstammzellen effektiv bekämpft.
Um zu beurteilen, ob 6-Shogaol auch die Krebsstammzellen abgetötet hat, wurde der Anteil von Krebsstammzellen anhand bestimmter Oberflächenmerkmale der Zellen bestimmt. In der Kontrollgruppe, die mit keiner Substanz behandelt wurde, lag der Anteil der Krebsstammzellen bei 27,3%. In der 6-Shogaol-Gruppe, in der generell bereits viele Zellen getötet worden waren, lag die Konzentration nur noch bei 2,3%. 6-Shogaol tötet demnach nicht nur die Krebszellen, sondern richtet sich noch besonders effektiv gegen die Krebsstammzellen, welche von vielen Chemotherapeutika nicht bekämpft werden können.
Was bleibt demnach als Erkenntnis aus dieser Studie übrig? Man kann festhalten, dass 6-Shogaol ein sehr vielversprechender Kandidat für zukünftige Krebstherapien ist. Bei Brustkrebs könnte es Curcumin im Hinblick auf die Schädigung von gesundem Gewebe überlegen sein, und vor allem scheint es im Gegensatz zu vielen Chemotherapeutika auch die Krebsstammzellen zu bekämpfen. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass diese Untersuchung in einer Zellkultur stattfand. Es wird weitere Studien am Menschen brauchen, um die Wirksamkeit von 6-Shogaol wirklich bewerten zu können.
In Bezug auf Curcumin sollte man nicht vergessen, dass diese Studie sich lediglich mit der Wirkung von 6-Shogaol und Curcumin auf eine einzige Art von Krebs befasst. Da jedoch beiden Substanzen eine Vielzahl von Wirkungsweisen nachgesagt wird, ist es mehr als vorschnell, auf Grund einer einzigen Studie zu behaupten, Ingwer sei 10mal stärker als Curcuma.
Kurkuma – Ein Überblick
Wie bereits eingangs erwähnt, existieren tausende von Studien, die sich mit dem gesundheitlichen Potential von Curcumin auseinandersetzen. Im Folgen werden daher lediglich einige aktuelle Arbeiten aufgeführt, um einen Überblick über die verschiedenen Wirkungsweisen von Curcumin zu geben.
Curcuma und Krebs
Curcumin war in zahlreichen vorklinischen Studien dazu in der Lage, Krebs zu hemmen. Auf molekularer Ebene sind eine antimutagene, eine cytostatische, eine cytotoxische und eine antimetastatische Wirkung belegt.4 Eine besondere Rolle scheint dabei die Hemmung des Moleküls NF-kappaB zu spielen. Dieses Molekül ist unter anderem an Entzündungen und der Entstehung von Krebs beteiligt und wird von Curcumin gehemmt.5 Darüber hinaus scheint Curcumin ähnlich wie 6-Shogaol ein vielversprechender Kandidat zur Hemmung von Krebsstammzellen zu sein.6
Leider ist die Zahl von Humanstudien aktuell noch sehr gering. Zu Bauchspeicheldrüsen-Krebs gibt es immerhin vier Untersuchungen am Menschen. Davon wurden jedoch drei mit Curcumin-Formulierungen ohne verbesserte Bioverfügbarkeit durchgeführt, sodass die Ergebnisse bescheiden blieben.7 In einer anderen Studie war es möglich durch die Gabe von Curcumin die Zahl von abnormalen Veränderungen im Darm, die zu Krebs führen können, zu verringern.8
Kurkuma, Entzündungen und oxidativer Stress
Chronische Entzündungen werden durch zahlreiche Faktoren gefördert, unter anderem auch durch oxidativen Stress, der wiederum durch schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst wird. Sowohl Entzündungen, als auch oxidativer Stress sind mit zahlreichen Erkrankungen assoziiert, von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, über Diabetes bis hin zu Krebs. Curcumin kann auf verschiedenen Wegen Entzündungen und oxidativen Stress hemmen, was wesentlich sein therapeutisches Potential bei den verschiedenen Erkrankungen bedingt.
Curcumin kann außerdem direkt freie Radikale abfangen und dadurch oxidativen Stress reduzieren. Diese freien Radikalen könnten ansonsten das bereits zuvor erwähnte Schlüsselmolekül NF-kappaB in seiner Aktivität steigern. Auch dieses Molekül wird wiederum von Curcumin gehemmt, sodass es nicht die Bildung weiterer Entzündungsmediatoren und Enzyme fördern kann.9
Kurkuma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Curcumin weist eine Reihe von kardioprotektiven Eigenschaften auf, die zum Teil im Zusammenhang mit seiner antioxidativen und entzündungshemmenden Wirkung stehen. Es wirkt antithrombotisch, indem es die Aggregation von Thrombozyten im Blut hemmt. Dadurch leistet es einen Beitrag zur Prävention von Thrombosen und Thromboembolien.10 Außerdem kam eine Metaanalyse von 2017 zu dem Ergebnis, dass Curcumin das LDL-Cholesterin und die Triglyceride im Blut senken kann, beides Risikofaktoren für Arteriosklerose und dadurch Herzinfarkt und Schlaganfall. Dieser Effekt scheint speziell bei kardiovaskulären Risikopatienten ausgeprägt zu sein.11 Eine andere Übersichtsarbeit von 2017 kam zu dem Ergebnis, dass Curcumin endothelialer Dysfunktion entgegen zu wirken scheint.12 Ein Funktionsverlust des Endothels, sprich der Innenwand der Gefäße, begünstigt im Alter, bzw. bei ungesundem Lebenswandel Arteriosklerose und Bluthochdruck und darüber schwerwiegender Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Kurkuma und das metabolische Syndrom
Übergewicht, bzw. speziell die Zunahme von Fettmasse im Bauchbereich, ist mit einer ganzen Reihe von Krankheitsbildern assoziiert, von denen man einige vereinfachend als metabolisches Syndrom zusammenfasst. Im Allgemeinen versteht man unter diesem Begriff die Kombination aus Übergewicht im Bauchbereich, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten und einer gestörten Zuckertoleranz, bzw. erhöhtem Nüchternblutzucker.13 Wie bereits zuvor angeführt wirkt Curcumin positiv auf die Blutfettwerte11, sowie die endotheliale Funktion und darüber den Bluthochdruck.12 Eine Studie aus dem Jahr 2013 konnte wiederum zeigen, dass Curcumin zumindest bei Diabetikern Nüchtern- und Langzeitblutzucker senkt und außerdem die Insulin-Resistenz reduzierte.14 Und nicht zuletzt konnten zwei Arbeiten von 2015 und 2016 zeigen, dass Patienten mit metabolischem Syndrom durch die Gabe von Curcumin mehr Gewicht verloren, der Hüftumfang reduziert wurde15 und dass die Konzentration der bei Übergewicht gestörten Hormone Adiponektin und Leptin positiv beeinflusst wurden.16
Kurkuma und Diabetes
Diabetes, bzw. speziell Diabetes mellitus Typ 2, bezeichnet die Resistenz körpereigener Zellen gegen das Hormon Insulin. Dadurch kann Zucker aus dem Blut nicht mehr in die Zellen aufgenommen werden und wirkt toxisch im Körper. Neben verschiedenen anderen Einflussfaktoren ist Diabetes vor allem eine Folge von Übergewicht und dem metabolischen Syndrom. Entsprechend leistet Curcumin dort bereits einen Beitrag zur Prävention. Bei einem manifesten Diabetes senkt Curcumin den Blutzuckerspiegel, reduziert die Insulin-Resistenz der Zellen und verbessert nebenbei noch die Blutfettwerte, die bei Diabetikern oft ebenfalls erhöht sind. Darüber hinaus leistet Curcumin dank seiner Herz-schützenden Eigenschaften auch direkt einen Beitrag zur Vorbeugung der diabetischen Kardiomyopathie, einer Folgeerkrankung von Diabetes am Herzen.17
Kurkuma und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Unter chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen fasst man zwei Krankheitsbilder zusammen, die sogenannte Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Bei beiden handelt es sich um noch nicht gänzlich verstandene Erkrankungen, die vor allem mit schweren Entzündungen im Darm einhergehen. Dank seiner ausgeprägten entzündungshemmenden Wirkung hat sich Curcumin über viele Studien hinweg als vielversprechender Kanditat für die Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erwiesen.18
Kurkuma und neurodegenerative Erkrankungen
Alzheimer ist eine schwerwiegende Form der Demenz, bei der es langfristig zu einem Verlust von Hirnsubstanz kommt. Die Ursachen und Mechanismen sind dabei bis heute nicht restlos verstanden. Bislang gibt es eine Reihe von vielversprechenden In-vitro- und Tierstudien, in denen Curcumin unter anderem der Bildung charakteristischer Plaques entgegenwirken und mit Alzheimer assoziierte Entzündungen hemmen konnte. Allerdings gibt es bislang noch keine Studien am Menschen, die einen konkreten therapeutischen Nutzen bei Alzheimer oder generell neurodegenerativen Erkrankungen belegen.19
Kurkuma und Depressionen
Neben seinem positiven Einfluss auf zahlreiche metabolische, degenerative und Krebserkrankungen scheint Curcumin tatsächlich auch einen positiven Einfluss auf Depressionen zu haben. Wahrscheinlich ist diese Wirkung zumindest teilweise auf eine gesteigerte Freisetzung der Glückshormone Serotonin und Dopamin zurückzuführen. Eine Metaanalyse zu den bisherigen Studien am Menschen kam zu dem Schluss, dass die Einnahme von Curcumin allein, oder in Kombination mit Antidepressiva die Symptome einer Depression reduziert.20
An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass diese Liste keinesfalls vollständig ist. Unerwähnt geblieben sind unter anderem Studien zu rheumatoiden Erkrankungen, Nierenerkrankungen, oder der antimikrobiellen Wirkung von Curcumin.
Ingwer – Ein Überblick
Die Studienlage bei Ingwer gestaltet sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz so umfangreich wie bei Curcuma. Trotzdem gibt es eine ganze Reihe von Publikationen, die sich mit seinem gesundheitlichen Nutzen befasst haben. Dabei gibt es sowohl Studien, die den ganzen Ingwer in frischer Form, oder als Pulver verwendet haben, als auch Arbeiten, die sich auf die bereits erwähnten Gingerole und Shogaole stützen.
Ingwer und Krebs
Ingwer, bzw. die enthaltenen Gingerole und Shogaole konnten in zahlreichen In-vitro-Studien unter Beweis stellen, dass sie ein großes krebshemmendes Potential besitzen, unter anderem gegen Brust-, Dickdarm-, Lungen- und Hautkrebs. Diese Ergebnisse konnten in einigen Tierstudien erfolgreich reproduziert werden, jedoch fehlt es aktuell noch an Humanstudien, die die Anwendung unter klinischen Bedingungen untersuchen.21
Ingwer, Entzündungen und oxidativer Stress
Ganz ähnlich wie Curcumin wird den Gingerolen und Shogaolen des Ingwers sowohl eine entzündungshemmende, als auch antioxidative Wirkung nachgesagt. Beides zusammen bedingt in weiten Teilen den gesundheitlichen Nutzen des Ingwers.21
Ingwer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Eine aktuelle Metaanalyse von 2018 kam zu dem Schluss, dass die Einnahme von Ingwer zu einer Reduktion von Triglyceriden und LDL-Cholesterin führt.22 Außerdem gibt es ähnlich wie beim Curcumin Hinweise, dass Ingwer das Thromboserisiko senken könnte, jedoch sind die bisherigen Daten in diesem Zusammenhang zum Teil widersprüchlich.23
Ingwer und Diabetes
Eine aktuelle Metaanalyse aus diesem Jahr untersuchte den Einfluss von Ingwer bei Diabetes und dem metabolischen Syndrom. Dabei kam man zu dem Schluss, dass Ingwer effektiv die Blutzuckerkontrolle verbessert, die Insulin-Resistenz reduziert und die Blutfettwerte senkt.24
Ingwer und das metabolische Syndrom
Wie bereits aufgeführt verbessert Ingwer die Blutzuckerkontrolle und die Blutfettwerte, beides Bestandteil des metabolischen Syndroms. Darüber hinaus gibt es verschiedene Tierstudien, die dem Ingwer einen positiven Einfluss auf den Gewichtsverlust nachsagen, was jedoch bislang noch nicht beim Menschen reproduziert werden konnte. Aus diesem Grund kam eine aktuelle Übersichtsarbeit zu dem Fazit, dass Ingwer zwar ein vielversprechendes Potential zur Bekämpfung von Übergewicht und des metabolischen Syndroms besitzt, es jedoch noch weitere Studien am Menschen braucht, um ein abschließendes Urteil zu fällen.25
Ingwer und Übelkeit
Eines der vielleicht interessantesten Anwendungsgebiete von Ingwer sind Übelkeit und Erbrechen, speziell in der Schwangerschaft und bei Chemotherapien. Während Schwangere besonders vorsichtig bei der Einnahme von Medikamenten sein müssen, profitieren gerade die Chemopatienten von dem zusätzlichen krebshemmenden Potential des Ingwers. Ein Review von 2018 kam dann auch zu dem Fazit, dass Ingwer für Schwangere eine effektive und vor allem sichere Methode zur Bekämpfung von Übelkeit ist.26 Eine andere Arbeit befasste sich mit dem Einsatz von Ingwer als Mittel gegen Chemotherapie-induzierte Übelkeit und resümierte, dass Ingwer auch dort sinnvoll zur Anwendung kommen könnte.27
Auch hier sei noch einmal erwähnt, dass es noch zahlreiche weitere Anwendungsgebiete und Studien zu Ingwer, Gingerolen und Shogaolen gibt. Die hier aufgeführten Arbeiten sollen lediglich einen Überblick über die aktuelle Studienlage bei einigen der wichtigsten Indikationen geben.
Ingwer oder Kurkuma – Wer ist „stärker“?
An dieser Stelle sollte deutlich geworden sein, dass es kaum möglich ist zwischen Kurkuma und Ingwer abzuwägen. Beide Wurzeln haben ein gefühlt endloses Potential zur Bekämpfung moderner Zivilisationskrankheiten und ähneln sich an vielen Stellen, sowohl was die Wirkungsweise anbelangt, als auch im Hinblick auf die Anwendungsgebiete.
Betrachtet man die Studienlage, gibt es zwar aktuell noch deutlich mehr Arbeiten zum Thema Kurkuma und Curcumin, jedoch holt der Ingwer bereits auf. In beiden Fällen versucht man mit Übersichtsarbeiten den bisherigen Stand der Forschung aufzuarbeiten, um möglichst schnell Studien am Menschen durchzuführen.
Anstatt sich also Gedanken darüber zu machen, ob eine der beiden Wurzeln stärker, effektiver, oder gesünder ist, als die andere, sollte man lieber daran arbeiten, beide möglichst oft zu sich zu nehmen, als Lebensmittel, oder in Extraktform. Dabei hat der Ingwer vielleicht sogar doch noch einen kleinen Vorteil gegenüber dem Kurkuma: Während Curcumin auf Grund seiner schlechten Wasserlöslichkeit nur sehr begrenzt im Darm resorbiert wird, scheinen die Gingerole und Shogaole dieses Problem nicht zu kennen.28 Angesichts dieser Tatsache könnte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Ingwer aus dem Schatten seines goldenen Bruders tritt.
Quellen
- Ray, A., Vasudevan, S., & Sengupta, S. (2015). 6-shogaol inhibits breast cancer cells and stem cell-like spheroids by modulation of notch signaling pathway and induction of autophagic cell death. PLoS ONE, 10(9). https://doi.org/10.1371/journal.pone.0137614
- Alvero, A. B., Chen, R., Fu, H.-H., Montagna, M., Schwartz, P. E., Rutherford, T., … Mor, G. (2009). Molecular phenotyping of human ovarian cancer stem cells unravels the mechanisms for repair and chemoresistance. Cell Cycle (Georgetown, Tex.), 8(1), 158–166. https://doi.org/10.4161/cc.8.1.7533
- Kimmelman, A. C., & White, E. (2017). Autophagy and Tumor Metabolism. Cell Metabolism. https://doi.org/10.1016/j.cmet.2017.04.004
- Heger, M., van Golen, R. F., Broekgaarden, M., & Michel, M. C. (2013). The Molecular Basis for the Pharmacokinetics and Pharmacodynamics of Curcumin and Its Metabolites in Relation to Cancer. Pharmacological Reviews, 66(1), 222–307. https://doi.org/10.1124/pr.110.004044
- Troselj, K., & Kujundzic, R. (2014). Curcumin in Combined Cancer Therapy. Current Pharmaceutical Design, 20(42), 6682–6696. https://doi.org/10.2174/1381612820666140826154601
- Zang, S., Liu, T., Shi, J., & Qiao, L. (2014). Curcumin: A promising agent targeting cancer stem cells. Anti-Cancer Agents in Medicinal Chemistry, 14(6), 787–792. https://doi.org/http://dx.doi.org/10.2174/1871520614666140521114735
- Kanai, M. (2014). Therapeutic applications of curcumin for patients with pancreatic cancer. World Journal of Gastroenterology, 20(28), 9384–9391. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4110570/
- Carroll, R. E., Benya, R. V., Turgeon, D. K., Vareed, S., Neuman, M., Rodriguez, L., … Brenner, D. E. (2011). Phase IIa clinical trial of curcumin for the prevention of colorectal neoplasia. Cancer Prevention Research, 4(3), 354–364. https://doi.org/10.1158/1940-6207.CAPR-10-0098
- He, Y., Yue, Y., Zheng, X., Zhang, K., Chen, S., & Du, Z. (2015). Curcumin, inflammation, and chronic diseases: How are they linked? Molecules. https://doi.org/10.3390/molecules20059183
- Tabeshpour, J., Hashemzaei, M., & Sahebkar, A. (2018). The regulatory role of curcumin on platelet functions. Journal of Cellular Biochemistry. https://doi.org/10.1002/jcb.27192
- Qin, S., Huang, L., Gong, J., Shen, S., Huang, J., Ren, H., & Hu, H. (2017). Efficacy and safety of turmeric and curcumin in lowering blood lipid levels in patients with cardiovascular risk factors: A meta-analysis of randomized controlled trials. Nutrition Journal. https://doi.org/10.1186/s12937-017-0293-y
- Karimian, M. S., Pirro, M., Johnston, T. P., Majeed, M., & Sahebkar, A. (2017). Curcumin and Endothelial Function: Evidence and Mechanisms of Protective Effects. Current Pharmaceutical Design, 23(17), 2462–2473. https://doi.org/10.2174/1381612823666170222122822
- Samson, S. L., & Garber, A. J. (2014). Metabolic syndrome. Endocrinology and Metabolism Clinics of North America. https://doi.org/10.1016/j.ecl.2013.09.009
- Na, L.-X., Li, Y., Pan, H.-Z., Zhou, X.-L., Sun, D.-J., Meng, M., … Sun, C.-H. (2013). Curcuminoids exert glucose-lowering effect in type 2 diabetes by decreasing serum free fatty acids: a double-blind, placebo-controlled trial. Molecular Nutrition & Food Research. https://doi.org/10.1002/mnfr.201200131
- Di Pierro, F., Bressan, A., Ranaldi, D., Rapacioli, G., Giacomelli, L., & Bertuccioli, A. (2015). Potential role of bioavailable curcumin in weight loss and omental adipose tissue decrease: Preliminary data of a randomized, controlled trial in overweight people with metabolic syndrome. Preliminary study. European Review for Medical and Pharmacological Sciences, 19(21), 4195–4202.
- Panahi, Y., Hosseini, M. S., Khalili, N., Naimi, E., Soflaei, S. S., Majeed, M., & Sahebkar, A. (2016). Effects of supplementation with curcumin on serum adipokine concentrations: A randomized controlled trial. Nutrition, 32(10), 1116–1122. https://doi.org/10.1016/j.nut.2016.03.018
- Zheng, J., Cheng, J., Zheng, S., Feng, Q., & Xiao, X. (2018). Curcumin, A Polyphenolic Curcuminoid With Its Protective Effects and Molecular Mechanisms in Diabetes and Diabetic Cardiomyopathy. Frontiers in Pharmacology, 9, 472. https://doi.org/10.3389/fphar.2018.00472
- Brumatti, L., Marcuzzi, A., Tricarico, P., Zanin, V., Girardelli, M., & Bianco, A. (2014). Curcumin and Inflammatory Bowel Disease: Potential and Limits of Innovative Treatments. Molecules. https://doi.org/10.3390/molecules191221127
- Venigalla, M., Gyengesi, E., & Munch, G. (2015). Curcumin and Apigenin – novel and promising therapeutics agains chronic neuroinflamation in alzheimer’s disease. Neural Regeneration Research. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4590215/
- Al-Karawi, D., Al Mamoori, D. A., & Tayyar, Y. (2015). The role of curcumin administration in patients with major depressive disorder: mini meta-analysis of clinical trials. Phytotherapy Research, 183(October 2015), 175–183. https://doi.org/10.1002/ptr.5524
- Semwal, R. B., Semwal, D. K., Combrinck, S., & Viljoen, A. M. (2015). Gingerols and shogaols: Important nutraceutical principles from ginger. Phytochemistry, 117, 554–568. https://doi.org/10.1016/j.phytochem.2015.07.012
- Pourmasoumi, M., Hadi, A., Rafie, N., Najafgholizadeh, A., Mohammadi, H., & Rouhani, M. H. (2018). The effect of ginger supplementation on lipid profile: A systematic review and meta-analysis of clinical trials. Phytomedicine : International Journal of Phytotherapy and Phytopharmacology, 43, 28–36. https://doi.org/10.1016/j.phymed.2018.03.043
- Marx, W., McKavanagh, D., McCarthy, A. L., Bird, R., Ried, K., Chan, A., & Isenring, L. (2015). The Effect of Ginger (Zingiber officinale) on Platelet Aggregation: A Systematic Literature Review. PloS One, 10(10), e0141119. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0141119
- Zhu, J., Chen, H., Song, Z., Wang, X., & Sun, Z. (2018). Effects of Ginger (Zingiber officinale Roscoe) on Type 2 Diabetes Mellitus and Components of the Metabolic Syndrome: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine : ECAM, 2018, 5692962. https://doi.org/10.1155/2018/5692962
- Ebrahimzadeh Attari, V., Malek Mahdavi, A., Javadivala, Z., Mahluji, S., Zununi Vahed, S., & Ostadrahimi, A. (2018). A systematic review of the anti-obesity and weight lowering effect of ginger (Zingiber officinale Roscoe) and its mechanisms of action. Phytotherapy Research : PTR, 32(4), 577–585. https://doi.org/10.1002/ptr.5986
- Stanisiere, J., Mousset, P.-Y., & Lafay, S. (2018). How Safe Is Ginger Rhizome for Decreasing Nausea and Vomiting in Women during Early Pregnancy? Foods (Basel, Switzerland), 7(4). https://doi.org/10.3390/foods7040050
- Marx, W., Ried, K., McCarthy, A. L., Vitetta, L., Sali, A., McKavanagh, D., & Isenring, L. (2017). Ginger-Mechanism of action in chemotherapy-induced nausea and vomiting: A review. Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 57(1), 141–146. https://doi.org/10.1080/10408398.2013.865590
- Zick, S. M., Djuric, Z., Ruffin, M. T., Litzinger, A. J., Normolle, D. P., Alrawi, S., … Brenner, D. E. (2008). Pharmacokinetics of 6-gingerol, 8-gingerol, 10-gingerol, and 6-shogaol and conjugate metabolites in healthy human subjects. Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention : A Publication of the American Association for Cancer Research, Cosponsored by the American Society of Preventive Oncology, 17(8), 1930–1936. https://doi.org/10.1158/1055-9965.EPI-07-2934